Schulz pushen bringt uns auch nicht weiter


Die plötzlich in Umfragen nicht mehr so gut wegkommende Merkel oder die ebenso aus dem Nichts kommenden hohen Umfragewerte für Schulz scheinen vielen etwas verwunderlich, aber die Medien liefern gleich Erklärungen mit und verweisen auf die bundespolitische Jungfräulichkeit des vorher reinen EU-Politikers Schulz und dessen Forderungen nach mehr Gerechtigkeit für die hart arbeitenden Menschen in Deutschland. Verwunderlich wäre allerdings eher gewesen, wenn SPD-Mann Schulz nicht versuchen würde, bei der angesprochenen und zunehmend gerade von seiner Partei schwer enttäuschten Zielgruppe auf Stimmenfang zu gehen.

Die wirkliche Erklärung ist jedoch sehr viel einfacher. Die Medien lassen Merkel fallen und pushen Schulz. Merkel ist politisch und medial ausgelutscht und kann nicht mehr glaubwürdig für beliebter erklärt werden als sie ist. Bei Schulz funktioniert das noch. Auch der Verzicht Gabriels auf die Kanzlerkandidatur zeugt lediglich von der Chancen- und Hoffnungslosigkeit seiner Person im bevorstehenden Wahlkampf nach einigen polarisierenden, missverständlichen und zweifelhaften Auftritten. An bundespolitischem Nachwuchs mit ausreichend Profil mangelt es dieser SPD, so bleibt als letzte Hoffnung der aus Brüssel geholte Schulz, der als bundespolitisch unbeschriebenes Blatt wenigstens noch den Reiz des Neuen mit sich bringt.

Dabei spielt es im Grunde keine wirkliche Rolle, ob der neue Bundeskanzler dereinst Schulz oder vielleicht sogar noch einmal Merkel heissen wird, denn Schulz und Merkel sind aber eh auf einer gemeinsamen Linie, was den Ausbau der EU zu einem Superstaat, den Verzicht auf Obergrenzen bei der Zuwanderung und die offenen Grenzen anbelangt ebenso wie eine Politik, die sich vor allem an Vorteile für die Wirtschaft statt an Errungenschaften für Arbeitnehmer orientiert. Weiterer Abbau von Demokratie, Sozialstaat und Freiheiten sind mit beiden gleichermassen zu erwarten und als Team werden beide in einer erneuten Grossen Koalition mit Sicherheit harmonisch zusammenarbeiten, wer auch immer die erste oder zweite Geige spielen wird.

Gerechtigkeitsgeschwafel und Lippenbekenntnisse zur Arbeiterklasse und gerechten Löhnen wie Renten sollen Schulz nur Stimmen bringen. Hinterher sind dann eh alle Versprechungen Schnee von gestern und es wird genau so weitergemacht wie bisher. Kommt es zu einer Koalition (sehr wahrscheinlich wieder mit der CDU) muss man vorher versprochene Forderungen und Pläne eh wegen des Koalitionsvertrages grossenteils wieder begraben, ohne dafür eine Schuld eingestehen zu müssen. Viele Versprechungen erfolgen auch unter einem so genannten „Finanzierungsvorbehalt“, was so viel heisst wie „wenn die Kohle reicht, machen wir das vielleicht“. Für manches wird die Kohle dann (oh Wunder) leider nicht reichen, also wird auch das wieder einmal abgehakt – bis zum nächsten Wahlkampf.

Was Politiker der Macht-Elite sagen, fordern oder wofür sie oder ihre Parteien stehen, spielt keine wirkliche Rolle, denn es geht ihnen nur um Macht, Geld, Posten und Vorteile für diejenigen, von denen sie selbst ebenfalls Vorteile haben. Gauck brachte es gut auf den Punkt indem er sagte, dass die Eliten nicht das Problem seien, sondern die Völker. Man sieht im Volk nur ein notwendiges Übel, das man braucht, um sich scheinbar demokratisch legitimieren zu können und die Schuld an allem auf die Wähler abzuwälzen. Auch Merkel sagte einmal deutlich, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass das, was vor den Wahlen gesagt wird, auch nach den Wahlen noch gilt.

Dieser Praxis bedienen die meisten Politiker der etablierten Parteien seit Jahrzehnten und was die Parteien angeht, die nach Wahlen in eine Bundesregierung kamen, kann man jeder dieser Parteien Wortbruch und Betrug am Wähler vorwerfen. Wir brauchen im Grunde möglichst viele völlig neue Leute in Parlament und Regierung. Das funktioniert allerdings nur, wenn genug Wahlberechtigte aktiv mitmachen, sonst bekommen wir nur wieder eine neue Grosse Koalition für weitere 4 Jahre (diesmal vielleicht zusätzlich mit den Grünen) und dabei ist völlig schnurz, ob der Obermotz nun Merkel oder Schulz heisst. Das Ergebnis wird das gleiche sein. Viel wird dieser Tage von einer möglichen rot-rot-grünen Ablösung geredet, aber die wäre auch vor vier Jahren bereits möglich gewesen und erscheint auch für 2017 wenig wahrscheinlich.

Wir brauchen möglichst viele Menschen im Parlament, die aus Parteien kommen, welche in noch keiner Bundesregierung waren. Die politischen Karten müssen endlich einmal völlig neu gemischt werden und um Neues zu tun, braucht es eine Mehrheit aus Menschen, die nicht koste es, was es wolle, an alten Fehlern festhalten oder diese sogar noch vertiefen wollen. Nur mit frischen Pferden lässt sich noch etwas gewinnen, also sollten wir alle gemeinsam solche wählen.

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